Schlägt Y das X? Und schließen sich Inklusion und Fairness bei der Olympiade damit aus?

Liebe Inklusoren*Innen,
die algerische Boxerin Imane Khelif hat bei den Olympischen Spielen in Paris die Goldmedaille gewonnen. Die 25-Jährige setzte sich im Weltergewicht gegen die chinesische Weltmeisterin Yang Liu einstimmig nach Punkten durch.
Im Finalkampf auf dem Court Philippe-Chatrier im Tennisstadion Roland Garros wurde Khelif vor rund 15.000 Zuschauerinnen und Zuschauern frenetisch angefeuert und bejubelt. Nach der Verkündung des Punkteurteils führte Khelif in der Ringmitte ihren schon zuvor gezeigten Jubeltanz um die eigene Achse auf und wurde anschließend unter tosendem Jubel der Fans von einem algerischen Betreuer auf dessen Schultern getragen.
Um Khelif und Lin Yu-ting aus Taiwan, die gestern im Federgewicht gegen die Polin Julia Szeremeta um Gold boxte, gibt es eine heftig geführte Startrechtdebatte. Diese geht weit über den Sport hinaus und erfasst auch höchste politische Kreise. Beide Boxerinnen waren nach bislang nicht näher erläuterten Geschlechter-Tests vom Boxverband IBA, der vom Internationalen Olympischen Komitee nicht mehr anerkannt wird, von der WM 2023 ausgeschlossen worden. Beide hätten laut IBA die erforderlichen Teilnahmekriterien nicht erfüllt und im Vergleich zu anderen weiblichen Teilnehmern Wettbewerbsvorteile gehabt. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) nannte dies eine „willkürliche Entscheidung ohne ordnungsgemäßes Verfahren“ und ließ Khelif und Lin in Paris teilnehmen. Das im Pass angegebene Geschlecht sei für viele Sportarten maßgeblich für die Zulassung zu den Wettbewerben, lautete eine Begründung. Das IOC warnte vor einem „Kulturkrieg“. Der umstrittene russische IBA-Präsident Umar Kremlew kritisierte, mit der aktuellen Debatte werde der Sport „zerstört“. Auch hier auf Inklusions-TV gibt es immer wieder Diskussionen um den umstrittenen Geschlechter-Test und stellen oftmals die Frage: In Paris boxen sich zwei Frauen, die männliche Chromosomen haben sollen, in die Medaillenränge. Ist das fair?
Kurzum – Sport ist Spielen nach Regeln. Wer die Regeln bricht, wer zum Beispiel Dopingmittel nimmt, wird disqualifiziert. Gerade im Spitzensport ist das ein Gebot der Fairness. Was aber geschieht, wenn Sportler einen Vorteil von Natur aus mitbringen, ihr Körper sich quasi selbst dopt? Diese Frage wirft der Fall der beiden Boxerinnen Imane Khelif aus Algerien und Lin Yu Ting aus Taiwan bei den Olympischen Spielen auf. Ihre Statur hat maskuline Züge, ihr Schlag ist laut ihren Gegnerinnen von ungewöhnlicher Härte. Der Boxverband IBA hatte die Sportlerinnen von den letzten Weltmeisterschaften ausgeschlossen, weil sie einen „Geschlechtstest nicht bestanden“ hätten. Das Internationale Olympische Komitee ließ sie in Paris antreten, weil sie laut ihrer Geburtsurkunde Frauen seien. Nun haben die Algerierin und die Taiwanerin beide in ihren Gewichtsklassen Gold gewonnen und die hässliche Debatte um die Teilnahme der beiden geht damit weiter, inklusive all der damit verbundenen Triggerthemen – Inklusion, Diversity, Gendergaga.
Für uns gibt es nur einen Ausweg aus dem sportethischen Dilemma Hätte man den Streit verhindern müssen? Unbedingt. Keiner braucht eine weltöffentliche Diskussion um das „wahre Geschlecht“ zweier Menschen, schon gar nicht die Betroffenen. Ist die Debatte also überflüssig? Keineswegs, denn es gibt nun mal Frauen, die mit männlichen Chromosomen geboren werden, einige verfügen damit als Sportlerinnen biologisch über Wettbewerbsvorteile, die ansonsten Männern vorbehalten bleiben – etwa eine vielfach erhöhte Menge Testosteron. Die Zahl der XY-Frauen, die mit diesem Kraft- und Ausdauer-Booster unbeabsichtigt Eigendoping betreiben, ist verschwindend gering. Doch bei allen Olympischen Spielen dürfte eine Handvoll dabei sein. Die bekannteste XY-Frau ist die Südafrikanerin Caster Semenya, die in Rio und London über 800 Meter Gold holte. Die einen argumentieren: Lasst sie mitmachen, so wie sie sind. Gleiche Startchancen für alle Sportler und Sportlerinnen sind doch ohnehin Illusion. Tatsächlich trainieren die einen Athleten an einer amerikanischen Eliteuniversität, die anderen unter prekären Bedingungen in Ländern, in denen Armut und Bürgerkrieg herrschen. Auch die Natur meint es mit einigen Sportlern besser als mit anderen. An die 2,20 Meter des französischen Basketballers Victor Wembanyama ragt kein Gegner heran. Rekord-Olympiasieger Michael Phelps verfügt über einen besonders langen Oberkörper und kurze Beine: optimale Voraussetzungen fürs Schwimmen. Genetische Vorteile sind im Leistungssport also nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel. Dennoch sind die biologischen Unterschiede innerhalb der Geschlechter deutlich geringer als zwischen ihnen: Ein weiblicher Michael Phelps hätte bei den Männern keine Chance, auch nur den Vorlauf zu bestehen. Manche argumentieren, die Unterschiede zwischen Männern und Frauen seien sozial konstruiert, existierten biologisch also gar nicht. Der Leistungssport zeigt das Gegenteil. Würde man die Geschlechtergrenzen hier aufheben – auch das wird vorgeschlagen –, wäre die Folge klar: Die Biologie würde sich durchsetzen, und auf dem Siegertreppchen würden, außer vielleicht beim Reiten und Bogenschießen, nur XY-Menschen stehen, also in der Regel Männer. Falsch und biologistisch wäre es jedoch, die XY-Frauen wegen ihres biologischen Vorteils grundsätzlich vom Frauensport auszuschließen. Sie mögen keinen weiblichen Chromosomensatz haben, Frauen sind sie trotzdem. Es hilft ihnen auch nicht, sie in eine dritte Wettbewerbskategorie abzuschieben für Menschen, die nicht in die beiden traditionellen Geschlechterschubladen passen. Die Teilnehmerzahl bei solchen Meisterschaften wäre überschaubar, denn kaum jemand würde da freiwillig antreten. Die Beste aller schlechten Lösungen lautet für uns also:
Obergrenzen für den Testosteronspiegel im Blut. Eine Frau, die in der Elite ihres Sports mitspielen will, sollte per Test nachweisen müssen, dass sie die Testosteronwerte einer Frau hat. Beim Schwimmen und in der Leichtathletik gibt es diese Regel. Auch sie mag wissenschaftlich und sportpolitisch umstritten sein. Auch sie diskriminiert, denn sie zwingt die betroffenen Frauen, ihre erhöhten Testosteronwerte mithilfe anderer Hormone zu senken – oder nicht anzutreten. Doch bislang gibt es keinen anderen Ausweg aus diesem sportethischen Dilemma. Das Olympische Komitee sollte ihn in Zukunft gehen, das ist immer noch am fairsten. Oder was denkt Ihr?

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©Goldi
 
P.S.: Vielen, lieben Dank auch an https://www.youtube.com/@lostblade9179 für das Video.